Die politische Krise in Venezuela bleibt das Top-Thema an den Ölbörsen. Zwar hat sie bisher noch keine nachhaltige Preisrallye ausgelöst, doch die Marktteilnehmer bleiben vorsichtig. Die Sanktionen der USA sorgen für Exportausfälle, die tendenziell die Ölpreise weltweit in die Höhe treiben könnten. Vor allem aber die Sorge über die sich abschwächende Konjunktur verhindert bisher starke Preissteigerungen. Sollte, wie prognostiziert, das Weltwirtschaftswachstum und damit einhergehend die Ölnachfrage weiter sinken, würde das die Preise massiv drücken. Dieses Spannungsfeld sorgt für hohe Volatilität an den Börsen, aber klare Richtungstrends können sich kaum durchsetzen.
US Bestandsdaten
Der gestern erschienene Wochenbericht zu den Bestandsdaten in den USA hätte wahrscheinlich zu jedem anderen Zeitpunkt einen ordentlichen Preisrutsch ausgelöst. Die Marktteilnehmer erwarten die wöchentlich erscheinenden Reports des American Petroleum Institute API immer sehr gespannt, denn die Daten werden als Indikatoren für Preisbewegungen gesehen.
Die gemeldeten Bestandsaufbauten sowohl bei Rohöl als auch bei Ölproduktien wie Benzin und Heizöl wären eigentlich ein Signal für eine gute Versorgungslage und somit sinkende Preise. Doch die Stimmung an den Ölbörsen ist so angespannt, dass sich die Impulse des Berichtes kaum bemerkbar machten und die Preise nahezu unverändert aus dem Handel gingen.
Marktteilnehmer warten nun auf den heute erscheinenden Bericht des US Energieministeriums DOE. Dieser erscheint immer einen Tag nach dem Bericht des API und ist oft aussagekräftiger, da mehr Details und genauere Angaben enthalten sind. Ob er allerdings im momentan herrschenden Spannungsfeld für eine nachhaltige Kursbewegung sorgen kann, bleibt abzuwarten.
Venezuela: Sanktionen aus der EU
Nachdem Nicolás Maduro ein Ultimatum für Neuwahlen hat verstreichen lassen, will die EU nun Juan Guaidó als Übergangspräsidenten anerkennen. Washington hatte sich als eine der ersten Regierungen sofort hinter den jungen Oppositionsführer gestellt, doch auch zahlreiche andere Länder haben ihre Unterstützung zugesagt.
Nun folgt die EU den USA auch mit Sanktionen, die Druck auf Maduro und seine Regierung ausüben sollen. Anders als Washington wolle man jedoch zunächst nicht einzelne Industrien sanktionieren um nicht das Volk zu treffen. Statt dessen soll es Einreiseverbote gegen einzelne Personen geben oder deren Vermögen in der EU soll eingefroren werden.
Die Regierung Maduro sucht einstweilen weiter nach Auswegen aus der Exportnot und versucht, andere Abnehmer für das geförderte Rohöl zu finden. Neuen Meldungen zu Folge warten inzwischen sieben Millionen Barrel (à 159 Liter) venezolanisches Öl auf Tankern im Golf von Mexiko. Diese warten auf Anweisungen, denn noch scheint ungeklärt, ob es neue Abnehmer gibt oder wie die von den USA sanktionierten Zahlungen von statten gehen sollen.
Guaidó stellt Investitionsmöglichkeiten in Aussicht
Der junge Herausforderer Maduros, Juan Guaidó, hat unter dessen angekündigt, dass er im Falle einer Machtübernahme die Ölindustrie des Landes für ausländische Investoren öffnen wolle. Bisher gilt ein Joint Venture Zwang, bei dem die staatliche Ölgesellschaft PdVSA mindestens 51 Prozent der Anteile halten muss.
Die Ölindustrie des einstmals reichsten Landes Südamerikas war in den vergangenen Jahren förmlich kollabiert. Von Jahr zu Jahr schrumpften die Fördermengen durch Misswirtschaft und Unterinvestitionen. Inzwischen ist die wirtschaftliche Lage des Landes so marode, dass in weiten Teile des Landes extreme Armut herrscht. Eine Öffnung der Ölindustrie nach Außen könnte also durchaus eine Chance sein, dem Land mit den größten Rohölreserven weltweit aus dem selbst verursachten Elend zu helfen.
Ausblick
Dank leichter Abwärtsbewegungen an den internationalen Ölbörsen dürfte Heizöl heute etwas günstiger sein als gestern. Für 100 Liter kann mit Abschlägen von -0,40 bis -0,60 Euro gerechnet werden.